Vor fast zehn Jahren zog ich aus dem wuseligen Stadtteil Nippes in das beschauliche Riehl. Genauer gesagt, aus einer lauten, stark befahrenen Nebenstraße in das ruhige Parkgelände der Sozialbetriebe Köln. Mein Blick vom Balkon ist unbezahlbar: vor mir Bäume der verschiedensten Arten wie Mammutbaum, Birken, Kiefern, Fichten, Lerchen, Buche, Linde, Erlen, Hainbuchen, Ahorn und einer Weide. Das sind die Bäume, die ich laut eines Bestimmungsbuches ausmachen konnte und die gleich vor meiner Nase stehen. Im übrigen Gelände findet man aber noch jede Menge anderer Arten von Bäumen und Sträuchern.
Das ist schon ein riesiger Unterschied zu vorher, wo ich von der vierten Etage nur auf nachbarliche Dächer rundum schaute. Etwas Grünes sprich Bäume war nur in etwa 200 m Entfernung zu sehen. Ansonsten grünte und blühte es nur auf meinem langen Südbalkon. Auch zur Freude meiner Nachbarn vis-à-vis.
Hier summte es im Frühling bis Herbst in den verschiedensten Erscheinungsformen. Oft saßen auf einer einzigen Sonnenblume an die sieben Brummer wie Hummeln, Bienen, Wespen und Schwebfliegen. Vögel kamen so gut wie nie zu Besuch, außer im sehr kalten Winter, wenn ich entsprechendes Futter auf dem Balkon verteilt hatte. Das waren aber in der Mehrzahl Amseln, hin und wieder eine Meise, zu meinem Leidwesen aber meistens Tauben oder auch Krähen. Die wollte ich aber keineswegs füttern!
In meiner neuen Wohnung lernte ich mit der Zeit außer Amseln jede Menge andere Vögel kennen, die ich vorher nur aus entsprechenden Büchern kannte. Zunächst in den Bäumen, später dann auf meinem Balkon. Ich begann, im Winter wieder Futter auszustreuen und stellte auch ein Vogelhäuschen auf, das ich mit farbigen „Hundertwasser“-Motiven hatte bemalen lassen. Meine Vögelchen sollten sich auch an etwas Kultur erfreuen können! Da es sehr frostig-kalt war, dauerte es nicht lange, bis sich die ersten hungrigen Flieger auf meinen Balkon trauten. Sie fanden Futter in Form von verschiedenen Körnern vor, aber auch die bekannten Meisenknödeln.
Diese Futterquelle sprach sich aber auch schnell unter den Tauben herum, die schließlich Meisen und Co. auf Abstand hielten, was mir gar nicht gefiel. Außerdem hinterließen sie überall ihre hässliche Verdauung. Mit losen Zweigen aus dem Parkgelände bastelte ich rund um das Futterhäuschen eine Art „Anflugschneise“ für die kleineren Vögel, so dass dort keine weitere Taube mehr landen konnte.
Auf diese Weise machte ich neben den Meisen, hauptsächlich Kohlmeisen, auch die Bekanntschaft mit dem Kleiber, einem Rotkehlchen und sogar einem Eichelhäher. Einmal ließ sich auch ein leicht verdutzt blickender Buntspecht auf den wackeligen Zweigen nieder, auch die ansonsten nicht sehr scheuen Amseln trauten sich schließlich heran.
Ich erfuhr dabei viel speziell über das Verhalten der Meisenfamilie. Auch sie hatte ihre Hierarchie. Zuerst durften die „Großen“ ans Futter, dann wagte sich der Nachwuchs an die Körner. Mein geliebtes Rotkehlchen fraß keine Körner, nur Weichfutter, und es sorgte sich auch um heruntergefallenes Futter auf dem Balkonboden.
Eine CD lehrte mich, mit der Zeit Vogelstimmen voneinander zu unterscheiden. So konnte ich nach Wochen zwölf Vogelarten ausmachen, u.a. die Singdrossel und den Buchfink; leider zählten auch Krähen, Elstern, Tauben und Halsbandsittiche dazu. Kürzlich erst konnte ich sogar einen Mäusebussard beobachten, der – belagert von laut krächzenden Krähen und Elstern – sich kaum mehr aus der Astgabel der Buche traute. Des Abends meine ich auch schon mal eine Nachtigall gehört zu haben, wenn ich der CD glauben will.
Aber außer der Vielfalt der geflügelten Gesellen kann man hier im Gelände neben den zahlreichen Kaninchen auch die flinken Eichhörnchen beobachten. Sogar zwei Rotfüchse hatten sich hier im Park eine Zeitlang angesiedelt.
Im Sommer besuchen mich auf meinem Balkon neben Bienen und Wespen auch meine geliebten Hummeln, die besonders gut und sehr nah zu beobachten sind. Und einmal landete sogar ein Schmetterling namens „Admiral“, aus der Familie der Edelfalter, auf der Balkonbrüstung.
Früher wurde ich von Autolärm und Gehupe aus dem Schlaf gerissen, nun weckt mich morgens ein vielstimmiges Vogelkonzert, angestimmt von dem Frühaufsteher Rotkehlchen bis hin zu den Amseln, den Meisen, dem Buchfink und schließlich der Singdrossel.
Was will man mehr…?
- Frau Sommers neue Alltagstipps: Schuhcreme - 31. Juli 2022
- Frau Sommers neue Alltagstipps: Nasenbluten - 24. Juli 2022
- Frau Sommers neue Alltagstipps: Nagellack - 17. Juli 2022
WOW, was für ein anschaulich geschriebener Artikel, liebe Rike,
man kann das Vogelgezwitscher und das Gesumme deiner Gäste förmlich hören. Dazu die Beschreibung über das ganze Grün, an dem du dich erfreust. Herrlich. Dazu das Hundertwasser – Vogelhaus mit der von dir gebastelten Einflugschneise – einfach genial. Hast du toll gemacht.
Sei lieb geknuddelt von Geli
Liebe Ulrike, da zeigt sich dein Herz für Tiere und dein pädagogisches Geschick…man weiss ja einfach nicht, ob Vögel Kunstliebhaber sind 😉
Ein ausgesprochen schöner Artikel von dir.
Liebe Grüße, Christina
Liebe Ulrike, endlich habe ich Zeit gefunden, Deinen Artikel zu lesen und
war sofort mit der Natur verbunden. Bäume, Vogelgezwitscher usw.
sehr anschaulich und liebevoll geschrieben. Dazu herzlichen Glückwunsch.
Liebe Grüße Karin