Haben Sie im Sommer in Ihrer Umgebung Schmetterlinge gesehen? Viele? Ich nicht! Doch, einmal einen gelben, ein anderes Mal einen braunen, und den mußte ich noch „retten“. Er hatte sich durch ein offenes Fenster in mein Zimmer „verirrt“. Das war alles. Ich habe Insekten-“Hotels“ gekauft und einige verschenkt. Meines auf die Fensterbrüstung gestellt. Weil, so habe ich gelesen, es kaum noch Todholz in unseren Anlagen gibt. Weder bei mir noch bei den Beschenkten haben sich Insekten darin eingefunden. Gibt es keine Insekten mehr? Aber dann hätten ja unsere Singvögel keine Nahrung für ihre Brut! Eine erschreckende Vorstellung. Vielleicht sind Sie beim Kuchen essen draußen von Wespen geärgert worden? Es stimmt, da sind sie lästig, doch auch sie haben Hunger. Sonst? Kein Falter, der auf Ihrer Schulter eine Flugpause einlegte? Nein? Schade. Wo sind sie geblieben, die Flügler, die Krabbler, die Summer, die Brummer? Nicht einmal Ameisen sind noch oft zu sehen. Oder Igel? Sie vertilgen ja gern Schnecken, Würmer, Insekten. Haben Sie in den letzten Jahren einen gesehen? Nicht? Ich auch nicht. Es gibt ja auch kaum noch Laub- und Reisighaufen mehr, die Kleintieren im Winter Schutz bieten. Wo sollen sie wohnen? Wo Tiere weder Futter noch ungestörtes Wohnen finden, da beginnt ihr Sterben in Anlagen, Gärten und Feldern. Lautlos, ungebremst schreitet das Aussterben weiter.
Ich habe Nistkästen für Singvögel aufgestellt. In einem haben Kohlmeisen ihre Kinderstube eingerichtet. Nur einer wurde angenommen. Woran das lag? Ich bin mir nicht sicher. Vor zwei Jahren habe ich zwei verhungerte Blaumeisen in einem der Nistkästen gefunden. Das ganze Jahr über wird in der Natur geschnitten, geharkt, vernichtet, verbrannt, Parks und Gärten „aufgeräumt“, oft noch bevor Blüten und Wildbeeren reifen können. Gänseblümchen, Löwenzahn, Brennnesseln, Taubnesseln, Disteln, Mohn, Kornblumen, Klee – sie sind unerwünscht. Können Sie sich erinnern, wann und wo sie zuletzt blühende Wildblumen gesehen haben? (Entschuldigung, sie heißen ja Unkraut.) Ich, ja: in Oasen inmitten von gepflegten Rasenflächen. Erinnern Sie sich daran, dass es auch bei uns Grillen gibt bzw. gab? Diese grünen, hüpfenden Tierchen, die in warmen Sommern unermüdlich zirpen und tanzen? Es ist Jahre her, dass ich bei uns eine Grille gehört habe. Ich vermisse sie; Sie auch? Im Süden wie Italien, da hört man sie den ganzen lieben Sommer lang.
Den Schwund dieses Wild-Lebens beobachte ich schon seit Jahren. Ich sehe immer weniger Singvögel, wie Spatzen, Blaumeisen, Grünfinken, Distelfinken, Dompfaffen, Schwalben, Lerchen und, und. Ach, Schwalben! Lerchen! Ja, sie gab es auch einmal. Wo sind sie geblieben? Dafür sehe und höre ich aber immer mehr Allesfresser. Und diese sind – leider – mittlerweile in großer Überzahl. Tauben, Elstern, Krähen, Eichelhäher, Sittiche, possierliche Eichhörnchen. Sie alle sind Tiere; nicht zu unserem Vergnügen auf der Erde, auch wenn wir einige gern gesehen, manchmal auch füttern. Dabei leben sie im Schlaraffenland. Sie fressen nämlich fast alles. Brot, Fleisch, Pizza, Fritten. Und deshalb fressen sie auch gern Vogeleier und wenn es sein muß zerren sie die Brut von Kleinvögeln aus Nestern, um sie an ihre Jungen zu verfüttern. Diese Allesfresser haben kaum noch natürliche Feinde, die natürlicherweise für das Gleichgewicht der Kreaturen sorgen sollen – auch diese sind nicht mehr zu sehen. Habichte, Falken, Milane, Bussarde. Sie gibt es kaum noch bei uns. Jagdvögel leiden u. a. auch an mangelnden Nistmöglichkeiten.
Ich war im Spätsommer an der Nordsee im Ausland. Dort habe ich zauberhaft schöne „Oasen“ in verschiedenen Formen gesehen. Einfach mitten auf einer Wiese, oder z. B. auch an Trambahn-Rainen. Einmal einen Bienenstock in einem einsichtbaren Pavillon, in den die Bienen von oben hineinfliegen – direkt neben dem Spazierweg und neben einer mehrere Meter breiten Wildblumen-Oase am Rande eines Parks. So können Vorbeigehende den emsig fliegenden Bienen zuschauen und sie auch beim Nektar schlürfen in den Blütenkelchen beobachten. Es summte und zirpte in dieser und den anderen Oasen und schenkte mir ein wahres Glücksgefühl.
Nach Hause zurück gekommen, muß ich oft an diese Oasen denken. Ich schaue aus meinem Fenster in den schönen Park. Er ist grün. Sein Gras wird kurz gehalten. Die Beton-Kästen, die neben den Wegen stehen, sind regelmäßig mit bunten Zucht-Blumen bepflanzt. Viele Bewohner schmücken ihre Balkone mit leuchtenden Geranien. Beides ist hübsch anzusehen, aber leider für Insekten ohne Nährwert! Ich habe es mit Kräutern versucht. Basilikum, Majoran. Und siehe da, als sie blühten, wurden sie regelmäßig von Hummeln besucht. Ich habe ihnen gern zugeschaut.
Wenn ich dann immer wieder auf unsere blanken Wiesen schaue, die oft von Hundebesitzern zwecks sich „Lösen“ ihrer Lieblinge, welche häufig auch die Bodenbrüter (ver)-jagen, besucht werden, muß ich an die Wildblumen in ihren Oasen in den Grünanlagen in der kleinen Stadt an der Nordsee denken (an jenen Gras- und Oasen-Beeten steht auch ein Hundeverbotsschild!). Malven, Kamille, Kornblumen, Roter Mohn, Margeriten, Disteln und was weiß ich noch alles, wiegten sich da sanft lockend im Wind. Warum, frage ich mich jetzt, sollte es so etwas nicht auch hier bei uns geben? Weshalb eigentlich nicht? Viel braucht es nicht. Eines oder mehrere Beete – rund, herz- oder palettenförmig – verteilt auf den Grünflächen. Es müßten gar nicht viele sein. Wenn die Oasen erst einmal angelegt, die Wildblumen ausgesät sind, gedeihen sie ganz von alleine. Das um sie herum Mähen macht nicht mehr Mühe als das drumherum Mähen um Büsche und Bäume. Das wäre schön. Wieder viele bunte Schmetterlinge, Bienen, Hummeln, Summen und Zwitschern! Welch eine Zierde und Vorbild für unsere Umwelt! Davon träume ich jetzt oft! Muß es ein Traum bleiben? Was meinen Sie?
Wie aus einem Tiefschlaf erwacht erscheinen mir heute viele Naturschutzermahnungen. Fast täglich liest und hört man jetzt in allen Medien von alarmierendem Insekten-, Vogel- und Artensterben in unserer heimischen Natur. Endlich! Vielleicht regen solche Berichte im Großen und mein kleiner Text hier im Kleinen Menschen dazu an, etwas zu bewegen, dazu beizutragen, dass ein Mehr unserer ehemals großen Artenvielfalt erhalten wird. Lassen Sie uns Wildblumen-Oasen auf den großen, leeren Grünflächen unserer Stadt schaffen! Die Kreatur wäre unendlich dankbar und wir Menschen wären es mit ihr.
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Sehr schöner Artikel! Vielen Dank!
Sollten wir uns nicht dafür einsetzen, dass in dem SBK-Gelände mehr Wildblumenwiesen erstellt werden.
Liebe Wanda,
ich habe Deinen Bericht mit sehr viel Interesse gelesen. Er gefällt mir sehr gut. Auf dem großen Gelände des SBK wäre sooo vieles möglich, um die Natur, sprich Wildblumen und Büsche, für die Vogel- und Insektenwelt wieder interessanter zu machen.
Hoffen wir, daß es die richtigen Leute lesen und danach handeln.