Ursula Ott, Das Haus meiner Eltern hat viele Räume
Vom Loslassen, Aufräumen und Bewahren
Räumen, aufräumen, ausräumen… Ein Thema, das viele von uns nur allzu gut kennen – allerdings geht es hier nicht um das leidige Aufräumen des Kellers etc., sondern:
Das Buch ist im weitesten Sinn ein „biografisches Sachbuch“. Es ist keine trockene Lektüre, sondern die Journalistin Ursula Ott (geb. 1963) erzählt, wie sie, ihre Schwester und vor allem ihre Mutter Abschied nehmen vom Haus, das 50 Jahre das Zuhause der Mutter war.
Es geht nicht nur um die Frage, wohin mit all den angesammelten Dingen, sondern auch um die Gedanken: Was macht es mit uns, wenn wir in die Vergangenheit eintauchen – denn das geschieht automatisch beim Anschauen, Überlegen und Sortieren? (Ganz praktische Vorschläge fürs Weggeben findet sich im Anhang des Buches als „ABC der Dinge“ – von Angelzeug über Puppen bis Zinn.)
Die Mutter ist 87 Jahre alt, als sie in ein Seniorenheim zieht. Auf die immer wieder gehörte Redewendung „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“ antwortet Ursula Ott: „Der Baum braucht einfach ein bisschen Zeit. … Und ich bin mir sicher, sie konnte viele neue Verknüpfungen im Hirn herstellen. Denn dass man seine alten Eltern im vertrauten Zuhause lässt, heißt doch auch: Man traut ihnen nicht mehr zu, neue Dinge zu lernen. Dabei hat die Altersforschung längst belegt, dass ein Hirn bis zum Schluss elastisch bleibt.… Klar, kann man immer dieselben Wege gehen, es ist auch bequem. Aber dann knüpfen auch die Nerven im Hirn keine neuen Knoten. Lohnt sich nicht mehr.“
Verlag btb, Taschenbuch 2021, ISBN: 978-3-442-77056-4, 10 €
Auch als E-Book. In der Stadtbibliothek vorhanden
Es gibt ein anderes, wunderbares Buch zum Thema:
Lydia Flem, Wie ich das Haus meiner Eltern leer räumte
Es geht hier noch mehr in die „Innereien“ der Gefühle. Die Autorin (geb. 1952) ist eine französische Psychoanalytikerin. Der Unterschied zum vorgenannten Buch: die Eltern sind beide verstorben.
Ich zitiere hier den Umschlagtext: „Ein universelles Thema – über das doch keiner spricht. Lydia Flem tut es, auf taktvolle, poetische, sehr persönliche Weise. Sie beschreibt dabei ihre gemischten Gefühle der Trauer und des Schuldbewußtseins, des Grolls und der Erleichterung.“
SchirmerGraf Verlag München 2004, ISBN: 3-86555-011-8
Leider ist das Buch vergriffen, nur noch antiquarisch/gebraucht zu bekommen. Leider auch nicht in der Stadtbibliothek…
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